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Marc Djizmedjian


Das Feuer auf dem gefrorenen See

Das Kind der Frau ertrinkt im See. Oft steht die Frau am Ufer des Sees und blickt aufs Wasser. Es kommt vor, dass sie betet, doch niemand wird ihr das Kind zurückgeben. Einmal, im Winter, gefriert der See. Die Frau trägt Holz zusammen und entzündet Feuer auf dem Eis. Sie sitzt am Feuer und summt ein Wiegenlied. Da erscheint ihr das Gesicht ihres Kindes in den Flammen, und die Frau denkt, mein Kind wird frieren unter dem Eis, das Feuer wird ein bisschen warm geben. Als die Frau an die Seele ihres Kindes denkt, geht ein leises Zittern durch das Eis. Es wird Abend, der Winter weht über den See, und das Bild im Feuer erlischt. Noch heute, sagen die Einheimischen, sei in manchen Winternächten ein Feuer auf dem zugefrorenen See zu sehen.


(Aus den Tessiner Legenden)


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